Freier GEIST

Lieber Mensch, 

bin ich an einem Samstagmittag in München, verbringe ich diesen auf dem Viktualienmarkt am Stand einer Münchner Kaffeerösterei und treffe dort unverabredet verabredet meine Freunde. Seitdem fühlt sich für mich unser gemeinsames Band lebendiger an, pulsierender, näher. Der Weg zum Markt führt mich an einer Kirche vorbei, vor dieser steht ein alter Mann, ein Obdachloser mit seinem Hund und spricht alle Passanten an: "Kennst du mich nicht? Kennst du mich nicht? Kennst du mich nicht?" - Ich meine, irgendwie kennen wir ihn alle, sein Ruf hallt in der Tiefe unseres gemeinsamen Seins nach.

Und immer wieder MEDITATION

Im Laufe der Zeit spreche ich mit jedem, wirklich mit jedem, mit dem ich gemeinsam Fragen und Antworten erforsche, über Meditation. Und immer wieder höre ich die Frage: "Wozu brauche ich das denn? Wozu soll das gut sein?" Lieber Mensch, besitzt du einen Standmixer? Stell dir vor, du gehst los, kaufst einen, trägst ihn nach Hause, packst ihn aus und setzt ihn zusammen. Auf den Motorblock wird das Glasgefäß gesetzt, ein kurzes Einrasten, jetzt kann es losgehen. Für deinen Smoothie gibst du Wasser, Spinat, Orange, Himbeeren, Ingwer und frische Kräuter in das Glas, verschließt es und wartest. Nichts. Du willst ausgießen, aber alle Zutaten sind noch fest. Also - was musst du mit dem Mixer machen, um einen trinkfähigen Smoothie zuzubereiten? Du könntest das Kabel, den Stecker in die Steckdose stecken. Ein Mixer funktioniert nicht ohne Strom. Der Mixer ist nutzlos, wenn du ihn nicht an eine Stromquelle anschließt. 

Auch du bist nutzlos, wenn du nicht angeschlossen bist. Als getrenntes Wesen, kannst du nichts machen, wenn du von der Quelle getrennt bist, die dir das Leben schenkt. Meditation ist einer DER Wege sich anzuschließen an diese Quelle. Es hängt ALLES davon ab, dass du angeschlossen bist. Sonst bist du darauf angewiesen, die Klingen deines Mixers mit der Hand zu drehen. Und das wird nix. Ohne die Verbindung mit der Quelle gibt es keine Ursprünglichkeit, keine Spontanität, keine Meisterschaft. Du bist einfach ein weiteres Rädchen in der Maschine.

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Also beginne zu sitzen. Jeden Tag. 20 Minuten. Schließe die Augen, konzentriere dich auf deinen Atem, auf den sanften Luftstrom. Ein - Aus. Ein - Aus. Ein - Aus. Zu Beginn jagen deine Gedanken wie Horden von Affen durch deinen Garten. Nach und nach wird es ein wenig ruhiger. Und wenn dein Herz weit wird, wirst du dich erinnern an diesen alles umfassenden Blick, den du schon fast vergessen hattest. Dieser weite Geist ist unser natürliches Bewusstsein, das alles kennt und allem Raum bietet. Werde schweigender Zeuge, eine alles umfassende Bewusstheit. In dieser raumgreifenden Bewusstheit spürst du, erfährst du die Gegenwart der LIEBE. Der Erkennende wird liebender Zeuge aller Dinge. 

Diese Freiheit ist immer gegeben, aber es kostet ein bisschen Übung, ein Dranbleiben - um sich zu erinnern  und das Vertrauen zu gewinnen und zu erleben, dass sie immer da ist. Und wenn du dich verrannt hast und in irgendeinem winzigen Teil des Gesamtbildes festhängst, dich beengt oder vom Strudel der Ereignisse mitgerissen fühlst, dann atme tief durch, tritt innerlich einen Schritt zurück. Mit weit offenem Geist kannst du Zeuge werden solch geduckter Zustände und diese innerlich liebevoll umfangen. 

Ich sehe MICH

Beginne jeden Tag auf diese Weise. Ich verspreche dir, der Tag wird sich anders anfühlen, du wirst dich anders fühlen und du wirst andere Entscheidungen treffen. Lass dich auf den dich umgebenden Raum ein, den Raum da draußen, den Raum da drinnen, das unermessliche Land, das sich über Kontinente erstreckt. Fühle in die Weite des Himmels hinein, des Alls, mit Monden, Planeten und Galaxien. Lass dein Herz und deinen Geist zu diesem Raum werden. Betrachte die ziehenden Wolken, werde der Himmel. Sei erkennender Zeuge all dessen, für Langweiliges und Interessantes, für Angst und Vertrauen, für Lust und Schmerz, für Geburt und Tod.

Grenzenloses Bewusstsein. Wenn du es beobachtest, siehst du, dass es durchsichtig und randlos ist, es hat keine Grenzen. Und dein Herz ist groß und weit wie die Welt. Gib dich hin und jetzt kannst du die Wogen des Lebens einfach kommen und gehen lassen. In der Stille siehst du das Mysterium. Die Wellen des Lebens steigen und fallen, dehnen und stauen sich, das Herz schlägt, die Flüssigkeit in dir pulsiert. Und dann achte einmal auf die Pausen zwischen den Wellen, die Lücken zwischen den Atemzügen und Gedanken. Anfangs wirken die Lücken flüchtig, schnell. Doch nach und nach wirst du in diesen Lücken Ruhe finden. Die Wellen steigen und fallen und du selbst wirst liebendes Bewusstsein. Diese Stille hat nichts von Rückzug oder Teilnahmslosigkeit, sie hat etwas Zärtliches, Geräumiges und Erfrischendes.

Besonders eindrücklich erlebe ich den GottesGEIST in diesen Worten:

GOTT atmet GEIST
Im EINEN GEIST atmen alle sich erinnernden Seelen.
In der Seele pulsiert Liebe und schöpferische Lebendigkeit.

Ich atme im ICH DES GEISTES.
Werde ich ICH, ist das Ich im ICH, verlasse ich mich und werde ICH-als-Ich.
Dann bist du in MIR wie ICH in dir ist.

Ein Auge sieht, ein Herz pulsiert, ein Geist atmet.

Mir wird schwindelig vor Freude, wenn diese Schau mich sehen lässt.
— Carsten Rachow

Schönheit der Unvollkommenheit

Und zunehmend wirst du dich selbst erleben, dein Ich, immerwährend verbunden mit der Quelle und du wirst sehen, dass dieses Ich-im-ICH nicht ein für alle Male feststeht. Mal bist du introvertiert, dann wieder extrovertiert, mal Anarchist, dann konservativ. Du kannst krank oder gesund sein, Politiker, Lehrerin, Vater, Mutter oder ein Dummkopf. Alles ändert sich immer wieder. Was du früher einmal warst, bist du nicht mehr. Aber unter dieser veränderlichen Oberfläche ist ein tiefer Grund von Freiheit, von pulsierender, schöpferischer Lebendigkeit im Jetzt. Aus dieser stillen Mitte heraus kannst du an allem teilnehmen und doch frei sein.

Lieber Mensch, all dies sind meine Erfahrungen, meine erkannte Wahrheit. Ich meine, es gibt nur eine Welt. Freiheit und Freude sind weder Schwerarbeit, noch bedeuten sie eine Abkehr vom Leben. Gehen und atmen können, lebendig zu sein und dankbar für diesen wunderbaren, unbändig wilden Tanz durchs Leben. Auch dankbar zu sein für meine "Ration" an Problemen und Sorgen, manchmal sind es die schweren Dinge, durch die unser Herz lernt, was es zu lernen hat. Die Erde und ebenso unser Körper sind ein Tempel, ein Heiligtum. Jede Begegnung, jeder Blick, jede wieder ausschlagende Eiche, jeder Geschmack von Himbeeren und ofenfrischem Brot ist ein Segen.

In Verbundenheit, Ihre und deine

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