Lieber Mensch,
vor kurzem fanden die "Tage der Stille" statt. Mein Wunsch ist es nun, dich einzuladen zur Teilhabe - dich einzuladen auf den Versuch, das Unsagbare und Unnennbare zwischen meinen Worten zu erahnen und zu erspüren. Vielleicht ist es auch für dich hilfreich, dich dafür in einen Zustand der Stille und des inneren Lauschens zu begeben. Lies meine Worte langsam, Wort für Wort und wer meine Stimme kennt, möge sie sich vorstellen ...
LICHT über LICHT
Durch Gebet und Meditation lösen wir uns von der äußeren Welt und wenden uns zum inneren Mysterium der Seele hin. Gebet und Meditation bringen uns in diesen heiligen inneren Raum, um - und dies ist eine Gnade - Zeuge zu werden eines der größten Wunder, die ein Mensch erfahren kann: die Geburt des Geliebten, des Göttlichen im Herzen. Der Wanderer auf seinem ureigenen Pfad, seiner Reise zurück zu Gott. Indem wir uns der Sehnsucht hingeben, geschieht jedoch etwas völlig Anderes und Unerwartetes. Unsere Sehnsucht, diese urewige Trauer der Seele, schafft zusammen mit unseren spirituellen Übungen, dem Gebet und der Meditation, einen Raum, in den hinein unser Geliebter, das Göttliche als lebendige Gegenwart geboren werden kann. Unsere Sehnsucht ist ein Prozess der Läuterung.
„Mein Herz ist Licht über Licht“
Dieses "Licht über Licht" weist auf das Geheimnis hin, in welchem sich das Licht unserer Sehnsucht, unseres Verlangens nach dem Göttlichen, mit dem größeren Licht unserer göttlichen Natur verbindet. Die empfängliche Seele, anfangs als Ort des inneren Lauschens erlebt, wird zu dem Ort, in dem das Göttliche als lebendige Gegenwart geboren und erinnert wird. Spirituelles Erwachen widerfährt nicht dem Wanderer, der Suchende bleibt immer an den Küsten der Liebe zurück. Spirituelles Erwachen ist das Erwachen des Herzens, in welchem das Göttliche in uns sich atmend erinnert. Unser äußeres Selbst, sogar auch unser äußeres Leben, scheinen dasselbe zu bleiben wie zuvor. Aber in den Tiefen unseres Wesens hat sich etwas Grundlegendes verändert. Wir sind ein leerer Raum geworden, in dem sich dieses Wunder vollziehen kann.
„Die LIEBE ist eingezogen und hat das Haus geschmückt. Und das Ich hat sein Bündel geschnürt und ist ausgezogen.“
GOTT atmet GEIST
Diese Geburt, das Sterben des Ichs, um als ICH wieder geboren zu werden, geschieht nie durch Willen oder Wunsch, sondern allein durch Gnade. In vielerlei Hinsicht ist dies erst der Anfang des neuen Lebens, wenn das Leben des GEISTES vollständig in uns erwacht ist. GOTT atmet GEIST. Wenig kann dann über die weitergehende Reise der LIEBE gesagt werden, denn Worte gehören zur äußeren Welt und zum Verstand, und dies hier ist eine sehr andere Wirklichkeit, eine die dem Schweigen, der Stille angehört.
Durch das Feuer gehen ...
die Reise geht weiter, die Zustände der Liebe und der LIEBE verändern sich, die Leere nimmt zu und die eigene Forderung des Dienen-Wollens wächst. Die Sufis nennen diesen Zustand "Gebrandmarkt von der Liebe", Irina Tweedie nennt ihn "Den Weg durchs Feuer". Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre, als ich mich damals - Wochen und Monate - immer wieder in einem Zustand des Gehens wie im Feuer erlebte und zugleich weiter meinen Alltag lebte. Etwas geschah mit mir, wie mit dem Eisen des Hufschmieds im Feuer. Und ich konnte es nur geschehen lassen. Loslassen - klammernde Hände öffneten sich, Vorstellungen fielen ab, Interessen, Lebensweise, eigentlich alles war in Veränderung. Und am Ende kein letzter Hammerschlag des Schmieds und dann umgeformtes Eisen, sondern ein heftiger Hauch von Glut, der alles einschmolz , und kein Dann, kein Eisen. Nur Feuer, Ich Feuer, alles Feuer. Formlos. Lautlos. Glühende Kraft, ohne Ursprung, ohne Ende. Ich war noch nie so wach wie in diesen Augenblicken.
Die Tür ist geöffnet ...
lieber Mensch, kannst du erahnen oder weißt du vielleicht, auf was ich versuche zu deuten mit meinen dürren Worten? Die Tür ist geöffnet. Die Tür ist ganz nah bei dir. Die Tür ist bereit zum Eintreten ...
HERZlichst, deine und Ihre Susanne Merdha